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AutorenbildBergrettung OÖ

Canyoning Fortbildung vom 29 - 30.Juni 2019


Für unsere nagelneue Canyoning-Trage (lagernd in Bad Ischl) wollten wir uns gerne von Spezialisten einschulen lassen. Dafür konnten wir Martin Burger, den Landesleiter der Bergrettung Vorarlberg, und Rene Gmeiner, Canyonretter der Bergrettung Vorarlberg gewinnen. Beide haben mit der wasserdichten Kong-Trage bereits viel Erfahrung. Sie wurden selbst von Spezialisten aus Italien, welche bei der Entwicklung der Trage mitwirkten, eingeschult.

Die Trage hat einen grundlegenden Unterschied zu herkömmlichen Tragen: sie hat eine wasserdichte Hülle, welche einen Transport mitten durch die Wasserfälle, ohne aufwändigen Seilbahnen ermöglicht. Der Verletzte bekommt dadurch nicht jedes Mal eine kalte Dusche, sondern bleibt trocken und kühlt somit nicht weiter aus.

Der Abtransport direkt im Wasser macht den Ablauf wesentlich schneller. Das Luftvolumen im Inneren erzeugt genug Auftrieb, dass keine extra Schwimmkörper notwendig sind. Und noch was, sie ist die erste gebirgstaugliche Trage, die an die immer größer werdenden Menschen angepasst wurde, endlich mal eine Trage, in die auch große und schwerere Menschen reinpassen. Aufgrund der wasserdichten Hülle hätte diese Trage, vermutlich auch außerhalb des Canyons, bei Schneesturm oder Dauerregen, einen riesen Vorteil für einen Verletzten.

Zum Trockentraining ging es zuerst in den Klettergarten, wo Martin und Rene uns die Basics: Ein-/Auspacken, Pflege des wasserdichten Reißverschlusses, Management der vielen Gurte, Vakuummatratze, Aufhängungen für händischen Transport, Aufhängungen für Schleifen und Seilbahn sowie Vorbereitung für Transport mit Hubschrauber zeigten.

Soweit war alles noch in Ordnung, alles noch im Rahmen unseres normalen Vorstellungsvermögens, aber was jetzt kam, hatten wir nicht erwartet: Wir sollten das Ablassen über steile Wasserfälle mal über Körpersicherung probieren, also nicht über feste Bohrhaken, sondern durch einen Retter per Körpersicherung!!!

Zuerst dachten wir an einen Scherz. Körpersicherung - die Trage mit Körpersicherung in die Schlucht ablassen, da reißt es dich ja mit. Aber wir probierten es aus. Und sieh da: ein paar wenige Reibungspunkte über Felsblöcke oder -kanten genügen, um sogar zwei Personen gleichzeitig abzulassen! Das machen die Italiener und Vorarlberger schon eine Weile. Natürlich verwendet man eingebohrte Stände, wenn sie passen. Aber, wo sie ungünstig platziert sind, kann man mit dieser rustikalen Technik sehr viel Zeit einsparen. Das fordert ein völlig neues und kreatives Betrachten der Abseilstationen!

Diese Techniken trainierten wir am Sonntag im Hochsprang, einem der schönsten und längsten Canyons in Hinterstoder. Für die tief eingeschnittene Schlucht mit wenigen Notausstiegen war der stabil heiße Tag genau passend.

Zugleich konnten wir die vor 5 Jahren wegen Akkumangel unterbrochene Beschilderung der Abseiler zu Ende bringen. Nun ist jeder Abseiler mit einer Nummer versehen, damit im Falle eines Unfalles, ein Verunfallter besser lokalisiert werden kann und der kürzeste Zustieg zur Unfallstelle genommen werden kann.

Der Zwischenfall vor ein paar Wochen am Stromboding Wasserfall, bei dem ein Kajaker zwischen den Wasserfällen in der Falle war, gab uns Anlass die Situation noch einmal genauer anzusehen. Zwei Plätze sollten im Ernstfall schnell erreicht werden. Einer beim großen Block oberhalb des Wasserfalls und der zweite Platz im kreisenden Strudel am hinteren Dreieck unterhalb des Wasserfalls. Dazu bauten wir zwei Ablass - Seilbahnen. Dabei gleitet der Retter am Seil hinaus, dann wird er in die Tiefe abgelassen, hängt den Verunfallten zu sich und beide werden wieder heraufgezogen. Diese Methode braucht man bei Situationen wie Hochwasser, bei denen man nicht mehr über den Wasserweg zum Verunfallten kommt.

Die größte Schwierigkeit ist das erste Seil auf die andere Seite zu bekommen. Die Idee mit Clipstick auf den mittleren Block zu gelangen, funktionierte mangels Haken nicht so gut, aber mit der Wurfleine konnten wir den Fluss überwinden. Mit nur 9 Mann konnten wir recht schnell zwei gut funktionierende Seilbahnen aufbauen und angestrebte Punkte im Fluss erreichen. Diese Übung werden wir nochmal mit den Bergrettern aus Hinter- und Vorderstoder einüben.

Aller besten Dank an Martin und Rene für die höchst interessante und lehrreiche Schulung. Ich brauche aber noch ein wenig Zeit, um diese revolutionäre Technik zu verdauen!

Auch Danke für das aktive Mitwirken an alle Canyonretter, das war eine ziemlich geile Übung!

Mit besten Grüßen auch nach Vorarlberg verleibe ich

Euer Canyoreferent

Heli Steinmassl


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